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Schloss strahlt bald in völlig neuem Glanz

Schloss Drachenburg ist gerade mal 125 Jahre alt – 1884 von Börsenmakler erbaut

Schloss Drachenburg darf trotz des sehr ähnlichen Namens nicht verwechselt werden mit der Ruine der echten Drachenburg. Die mittelalterliche Drachenburg wurde auf der Spitze des Drachenfelsens schon 1140 n. Chr. errichtet. Schloss Drachenburg dagegen stammt aus der deutschen Gründerzeit und wurde von 1881 bis 1884 erbaut.

Wer sich heute von der Königswinterer Altstadt her über die Zahnradbahn oder den Eselsweg dem Eingangstor von Schloss Drachenburg nähert, betritt das schmucke Gelände vom Südosten her. Das Schloss steht auf halber Höhe am Drachenfelsen oberhalb von Königswinter und wartet mit einem fantastischen Blick ins romantische Rheintal auf. Die Aussicht vom Nordturm des Schlosses bietet einen Panoramablick auf das Siebengebirge und die Rheinschleife bis nach Köln.
Heute ist die NRW-Stiftung Besitzerin des Schlosses, die es seit 1995 für rund 35 Millionen Euro restauriert. Mittlerweile ist das Schloss im Innern fast vollständig saniert. Bei den Außenarbeiten rund um das Schloss steht die Neugestaltung der Mittelstation der Drachenfelsbahn im weiteren Mittelpunkt. Dabei soll auch der historische Zugang über die Vorburg zu Schloss Drachenburg reaktiviert, der Verbindungsweg vom Nachtigallental zum Burghof verlegt und das Umfeld des Dechen-Denkmals aufgewertet werden. Nördlich der Zufahrt zur Vorburg sollen eine Streuobstwiese reaktiviert und ein verrohrter Bachlauf wieder offen gelegt werden.
Schloss Drachenburg beherbergt zusätzlich ein Museum für Naturschutzgeschichte. Schloss und Museum sind für den Besucherverkehr geöffnet. Bis einschließlich ersten November bietet sich die Gelegenheit, dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr die historische Anlage zu besichtigen. In den Ferien wird auch montags geöffnet. Der weitläufige Landschaftspark mit seinen botanischen Exoten und die Venusterrasse laden zum Spazieren geradezu ein. Gepflegte Parkwege fuhren an Mammutbäumen und Beeten vorbei über das gesamte Gelände.

Börsenmakler baute Schloss

Drachenburg
Schloss Drachenburg - Blick von Drachenfels-Abstieg. Im Hintergrund Bonn (Post-Tower und "Langer Eugen")
Angesprochen auf die Frage, wem früher eigentlich das Schloss gehörte, muss man antworten: Schloss Drachenburg hat zwar eine junge, aber schon sehr abwechslungsreiche Geschichte hinter sich gebracht. Das Schloss ist gerade einmal 125 Jahre alt. Erbauer von Schloss Drachenburg ist der Kölner Bankier Stephan von Sarter. 1833 wurde dieser geboren, der Vater war ein Bonner Gastwirt. Stephan absolvierte eine Banklehre und vervollkommnete sein Wissen in London und Paris, Sarter war beteiligt bei der Vermittlung der Finanzierung zum Bau des Suezkanals und der Finanzierung des Panamakanals. Als Börsenmakler kam er so zu Wohlstand. 1881 wurde er geadelt und in den Freiherrenstand erhoben. Und da zu einem "echten Adligen" auch ein Schloss gehörte, musste er sich eines kaufen oder bauen.
Sarter entschloss sich zu einem Neubau. 1881 legte er den Grundstein für sein Traumschloss. Dieses wurde nach nur dreijähriger Bauzeit im Jahr 1884 vollendet Die Steine, aus denen das Schloss erbaut wurde, stammen nicht nur aus den Steinbrüchen des Siebengebirges, sondern auch aus dem Spessart und der Eifel.

Sarter selbst bewohnte sein Traumschloss jedoch nie.
1903, ein Jahr nach Sarters Tod, ersteigerte Jakob Biesenbach, ein Neffe Sarters, das Gebäude für 950.000 Mark. Um seinen Besitz rentabel zu nutzen, machte er das Schloss für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Innenräume konnten gegen ein Entgelt von 0,50 Mark besichtigt werden. In der Kunsthalle wurden Kunstgegenstände zum Kauf ausgestellt. Als Souvenir wurden den Besuchern reich illustrierte Schlossführer, Kunstpostkarten und Bildermappen angeboten. Für die Unterkunft und Verköstigung der Gäste ließ Biesenbach 1904 den nahen, noch aus dem Mittelalter stammenden Burghof abreißen und durch ein Hotel mit Restaurantbetrieb im Schweizerstil ersetzen. Auch das Schloss wurde den neuen Erfordernissen angepasst, im Souterrain entstanden ein Restaurant und verschiedene Gesellschaftsräume. Dazu entstanden im Schlosspark in den folgenden Jahren "Nordische Häuser", Blockhäuser, die mit 2–3 Zimmern den Gästen im Sommer Quartier boten. Ihre Namen verdankten sie der Popularität Richard Wagners: Volker, Wotan, Brunhilde, Siegfried, Chrimhilde, Walküre, Tristan, Parsival und Isolde. Die vier zuletzt genannten Häuser sind – wenn auch vielfach umgebaut – bis heute erhalten. Rund um dieses frühe Beispiel einer Ferienhaussiedlung wurden Nadelhölzer und ein Wildgehege angelegt, die für eine angemessene "nordische Stimmung" sorgten.
1910 erwarb Rittmeister a.D. Egbert von Simon das Schloss und plante den kompletten Umbau zu einem Freizeitpark, diese Pläne wurden jedoch nicht genehmigt. Von Simon fiel 1915. Im zweiten Kriegsjahr des Ersten Weltkrieges stand das Schloss also erneut zum Verkauf.
Anfang der 1920er Jahre ersteigerte der Kölner Fahrstuhlfabrikant Hermann Flohr das Schloss. 1923 öffnete er Schloss und Gartenanlage für die öffentlichkeit. 1930 kaufte der Orden der Christlichen Schulbrüder die Liegenschaft und eröffnete 1931 das Katholische Internat Sankt Michael. Die Schulphilosophie war mit der prunkvollen Innenausstattung des Schlosses nicht zu vereinbaren. Daher war das Inventar bereits 1930 versteigert worden, die Schlossräume wurden umgenutzt. Im oberen Wohngeschoss entstanden Klassenzimmer. Die Kunsthalle diente als Kapelle, das Kneipzimmer als Sakristei. Im Souterrain wurden Küche und Speiseräume eingerichtet. Als anzüglich empfundene Ausstattungselemente wie die Venus auf der gleichnamigen Terrasse oder die Bacchantinnen im Kneipzimmer wurden entfernt bzw. verdeckt. Die Schüler wohnten in den nordischen Blockhäusern, die umgebaut und erweitert wurden. Die Christlichen Schulbrüder verfolgten bei ihren Erziehungszielen eine "Mischung aus Zielen der bündischen Jugendbewegung, nach Selbstbestimmung des jungen Menschen, verknüpft mit den Idealen des frühen Christentums." Diese Ziele widersprachen diametral der NS Ideologie. Abgesehen davon wurden alle Schulen unter der Leitung von Orden aufgelöst. So zwangen die Nationalsozialisten 1938 die Ordensleute zur Aufgabe des Schulbetriebs. Die DAF, die Deutsche Arbeitsfront wurde 1940 neue Eigentümerin der Drachenburg, 1942 wurde im Schloss eine Adolf-Hitler-Schule eingerichtet. Eigentlich war Waldbröl von NS-Reichsorganisationsleiter Dr. Robert Ley für die Adolf-Hitler-Schule vorgesehen gewesen, aber der Zweite Weltkrieg ließ keine Ressourcen für einen Bau in Waldbröl.
Schloss Drachenburg als Schulgebäude erhielt eine neue Treppe. Die spielerisch geschwungene Treppe des Hauptportals wurde abgerissen und durch eine klobigere Variante ersetzt. Im Garten wurden Flak-Geschütze aufgebaut, an denen die Hitlerjungen ausgebildet wurden. Somit war das Schloss zum militärischen Ziel geworden, dass die Alliierten auch prompt unter Artilleriefeuer nahmen. Das Schlossgebäude wurde in den letzten Kriegstagen durch Artilleriebeschuss schwer beschädigt. Noch heute sind besonders an der rheinseitigen Westfassade die Einschusslöcher zu sehen. Die Mittelkuppel der Kunsthalle wurde nahezu zerstört. Ein besonders schwerer Verlust bedeutete die fast vollständige Zerstörung der kostbaren Buntglasfenster in der Kunsthalle und in den Repräsentationsräumen. Im März konnten amerikanische Truppen die Drachenburg kampflos besetzen. Sie richteten dort vorübergehend ihr Oberkommando ein. Später wurden in den Schlossräumen Flüchtlinge einquartiert. Nach den Einquartierungen fehlten große Teile der Wandgemälde. Die aufgeklebten Leinwandbilder waren rücksichtslos von den Wänden gerissen und gestohlen worden.
Mit der Auflösung der NSDAP und all ihrer Organisationen 1945/46 gelangte Schloss Drachenburg in Staatsbesitz und fiel als Eigentum an das von den Alliierten neu geschaffene Land Nordrhein-Westfalen. Von 1947 bis 1960 wurde das Schloss von der Deutschen Reichsbahn bzw. der Deutschen Bundesbahn gemietet. Die Reichsbahndirektion Wuppertal mietete das Schlossensemble als "Pädagogische Reichsbahnzentralschule". Im Dezember 1948 wurde die Eisenbahnschule eröffnet. Die Schlossräume dienten Schulungszwecken. In der Kunsthalle ergänzte ein maßstabgerechtes Lehrstellwerk den Unterricht.
Seit 1953 war das Land Nordrhein-Westfalen Eigentümer des Schlossensembles, nachdem die Schulbrüder auf ihre Rückerstattungsansprüche verzichtet hatten. 1960 verlegte die Deutsche Bundesbahn die Schule. Mangels Interessenten stand das Schloss Drachenburg in den folgenden Jahren leer. Schließlich wurde es sogar zum Abriss freigegeben, um einem modernen Bürogebäude zu weichen. Nur durch eindringliche Proteste seitens der Denkmalpflege, der Bevölkerung, einiger Politiker und durch das große Engagement des Königswinterer Heimatforschers Theo Hardenberg konnte der Abriss verhindert werden. Eine Nutzung stand aber weiterhin aus. Schloss und Park verwilderten zusehends. Sinnlose Plünderungen und Vandalismus setzten der erhalten gebliebenen Inneneinrichtung schwer zu. Weitere Teile der Wandgemälde wurden gestohlen, die Vertäfelung diente als Brennholz, die alten schmiedeeisernen Lampen verschwanden. Das Schloss verkam nach Auskunft der örtlichen Presse zur "Hascher-Hochburg". Obdachlose fanden in den verlassenen Räumen Unterschlupf.

Rettung vor dem Abriss

Diesem Schicksal entging das Schloss im Jahr 1971, denn der Millionär und in Königswinter von Einheimischen als sehr eigen beschriebene Antiquitätenhändler Paul Spinat kaufte das mittlerweile historische Gebäude aus der Gründerzeit für 500.000 DM, zahlbar in 10 Jahresraten. Spinat investierte nach eigenen Angaben mehrere Millionen DM in die Wiederherstellung der Architektur. Die Räume ließ er nach eigenem Gutdünken wiederherstellen, manches wirkt aus heutiger Sicht recht gewagt. Die fehlenden Wandgemälde wurden von jungen Künstlern ergänzt, Glasmalereien ersetzten die zerstörten Farbfenster. Das Mobiliar war eine bunte Sammlung aus Antiquitäten und Kuriositäten wie der sogenannte "Thronsessel Ludwig XIV". Den Park "bereicherte" Spinat mit Gartenfiguren und Balustraden aus Beton, einem säulenumstandenen Schwimmbecken u.ä. Paul Spinat war für seine skurrilen Ideen berühmt.
Übigens kaufte er sich vier Jahre später auf der anderen Rheinseite auch noch Schloss Marienfels. Darin lebt heute der Showmaster Thomas Gottschalk mit seiner Familie. Das Remagener Schloss Marienfels wurde im romantischen "Zuckerbäcker-Stil" errichtet. Es liegt zwischen der Remagener Innenstadt und Oberwinter oberhalb der Bundesstraße 9.
Um Paul Spinat ranken sich im Siebengebirge viele Geschichten, von seiner Heirat mit einer durch vorherige Eheschließung zur Prinzessin gewordenen Bürgerlichen bis hin zu seinen Fahrten mit einem vergoldeten Rolls Royce. Spinat machte 1973 das Schloss und somit auch seine privaten Wohnräume der Öffentlichkeit zugänglich. Er lies vieles im Schloss vergolden. "Der hat alles vergoldet, vom Champagnerglas über Möbel bis zum Rolls-Royce", erinnerte sich etwa Nico van Eyden, Wirt der Gaststätte "Alt Remagen&auot; im Juli 2006 im Kölner Stadtanzeiger. Öfters wurden Fotografen aus einem Bad Honnefer Fotostudio auf Schloss Drachenburg bestellt, um neu erworbene Kunstwerke für die Versicherung zu fotografieren. Zu Gast soll auch einmal der berühmte amerikanische Künstler Andy Warhol gewesen sein. In Königswinter wird auch von großartigen Orgelkonzerten im Schloss erzählt. Spinat ließ in den sogenannten Orgelsaal eine riesige Orgelattrappe einbauen und gab dann mit Hilfe eines Tonbandes Konzerte. Öfters fuhr er in seinem vergoldenen Rolls-Royce im Schlosspark spazieren.
Paul Spinat sah sich Ende der 1980er Jahren aus finanziellen Gründen zum Verkauf von Schloss Drachenburg gezwungen. Nunmehr nahm das Land Nordrhein-Westfalen sein Vorkaufsrecht (knapp 8 Mio. DM) wahr, stellte 1986 Parkanlage und Schloss unter Denkmalschutz. 1990 übergab das Land das Schloss samt Parkanlage der NRW-Stiftung. Mittlerweile hatte sich das öffentliche Bewusstsein wieder gewandelt. Statt Abriss, wie in den 60er Jahren geplant, war der Staat nun bereit zu investieren. Rund 35 Millionen Euro an Steuergeldern wurden in den letzten 14 Jahren in die Schlossrenovierung investiert.

Wegen Renovierung geöffnet

Drachenburg
Zahnradbahn auf den Drachenfels - kur vor der Station "Schloss Drachenburg"
Die Sonderausstellung "Wegen Renovierung geöffnet - Einblicke in die Baustelle Schloss Drachenburg" informiert den Besucher über die wechselreiche Nutzungsgeschichte sowie die Restaurierung des Schlosses. Neben der Kunsthalle mit ihren aufwendigen ornamentalen Schablonenmalereien können das Trinkstübchen "Kneipzimmer" mit den farbenprächtigen Deckengemälden und der geschnitzten Vertäfelung, das Nibelungenzimmer mit den Wandgemälden Frank Kirchbachs besichtigt werden. Da besucht man den prachtvollen Musiksaal oder das "Privat-Appartement" mit Bibliotheks- und Arbeitszimmer sowie das Billardzimmer.
Das Privatgemach besteht aus Schlafzimmer, Toilettezimmer, Arbeitszimmer und Frühstückszimmer. Seit Ende Mai kann jeder hier vorbeischauen, denn die "Privaträume" stehen nunmehr der Allgemeinheit offen. Im Laufe der wechselvollen Schlossgeschichte wurden die Originalmöbel auch dieser Räume verkauft, Wände und Decken neu gestrichen. Doch die früheren Wand- und Deckenfassungen wurden rekonstruiert, ebenso wie eine holzmaserierte Stuckgipsdecke mit floralen Schablonierungen, eine lederimitierende Tapete im Frühstückszimmer und die Tapete im Schlafzimmer. Nebenan wurde der Musiksaal mit seinem hohen, neogotischen Netzgewölbe sehr prächtig und repräsentativ angelegt. Erhalten ist in diesem Raum die mit vielen Schnitzereien versehene Wandvertäfelung, die ehedem Franz Langenberg entwarf. An den Wänden des Musiksaales wurden die Schablonenmalereien des 19. Jahrhunderts wieder freigelegt oder rekonstruiert. Blickfang ist hier der eigens für Schloss Drachenburg angefertigte Glockenflügel. Er erinnert an die ära, als der Raum als Gesellschaftssalon aber auch für festliche Soireen genutzt wurden.
In der Vorburg und dem dort ansässigen "Museum zur Geschichte des Naturschutzes in Deutschland" hat die Saison längst begonnen. In der ehemaligen Remise macht ein anschaulicher Rundgang die Geschichte des Naturschutzes erfahrbar. Auch die Stiftung selbst hat sich dort niedergelassen. Der Ort ist gut gewählt: Ist das Siebengebirge doch nicht nur ein ausgedehntes, sondern auch ein altes Naturschutzgebiet.

Quelle: Rhein-Westerwald-News (Ausgabe 59), Wikipedia
Bilder: © Michael Semmler